Verstirbt jemand im Ausland oder hat jemand außerhalb Deutschlands Vermögen, welches vererbt werden soll, stellt sich die Frage, welches Recht anzuwenden ist. Wann ein Testament in solchen Fällen seiner Form nach wirksam ist, haben wir bereits zuvor erörtert.
In diesem Beitrag soll dagegen die Frage geklärt werden, welches Recht in inhaltlicher Sicht zu beachten ist.
Unterschiedliche Wirksamkeit, unterschiedliches Recht
Nachdem geklärt werden konnte, ob ein etwaiges Testament formell wirksam ist, stellt sich dennoch die Frage, auf welches Recht es ankommt. Wenn zwar das Testament nach kanadischem Recht wirksam ist, bedeutet dies noch nicht, dass auf den Erbfall auch kanadisches Recht anzuwenden ist.
Dies kann zu einem Auseinanderfallen des anzuwendenden Rechts hinsichtlich der Form und des Inhalts führen. Die Bestimmung des in inhaltlicher Hinsicht anzuwendenden Rechts folgt für Erbfälle ab dem 17. August 2015 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, kurz: EU-ErbVO. Zwar handelt es sich hierbei um Recht der Europäischen Union, der Kanada und die USA sichtlich nicht angehören. Allerdings findet auch das Recht von Nicht-Mitgliedstaaten nach dieser Verordnung Anwendung.
Grundsatz: Ort des letzten Aufenthalts
Nach der allgemeinen Regel findet das Recht des Staats Anwendung, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte. Dies kann im Einzelfall anders zu beurteilen sein, je nachdem wie die genaue Lebenssituation des Erblassers aussah oder welche Gegenstände zum Nachlass gehören. So findet das Recht des Aufenthaltsstaats keine Anwendung, wenn der Verstorbene im Zeitpunkt seines Todes offensichtlich eine engere Verbindung zu einem anderen Staat hatte.
Ausnahme: Letztwillige Verfügungen
Letztwillige Verfügungen können Testamente oder Erbverträge sein.
Testamente richten sich in inhaltlicher Sicht nach dem Recht, welches an dem Tag der Errichtung nach der EU-ErbVO anzuwenden wäre. Ebenso ist die Anwendbarkeit für Erbverträge vorgesehen, mit einer Besonderheit: sind durch den Erbvertrag die Nachlässe Mehrerer geregelt, muss der Vertrag nach allen nach der EU-ErbVO in Betracht kommenden Rechtsordnungen wirksam sein.
Sonderfall: Rechtswahl
Einem Auseinanderfallen kann in Einzelfällen durch eine Rechtswahl begegnet werden. Diese kann dann getroffen werden, wenn man die Staatsbürgerschaft des Staats besitzt, dessen Recht gewählt werden soll. Die Rechtswahl muss ausdrücklich in der letztwilligen Verfügung festgehalten sein. Es kann nur eine Rechtswahl getroffen werden, auch wenn der Verstorbene mehrere Staatsangehörigkeiten besaß. Die Rechtswahl muss nach dem gewählten Recht wirksam sein.
Sonderfall: Nachlassspaltung
Ein Sonderfall kann dann vorliegen, wenn der Nachlass gespalten ist. Dies bedeutet, dass auf unterschiedliche Nachlassgegenstände unterschiedliche Rechtsordnungen Anwendung finden. Dies kommt insbesondere dann vor, wenn nach der allgemeinen Regel des Aufenthaltsorts das Recht eines Lands Anwendung findet, jedoch das fremde Recht eine Rückausnahme für bestimmte Vermögenswerte bestimmt. Diese wäre dann nach der EU-ErbVO ebenfalls zu beachten.
Dies wirkt sich insbesondere auf Anträge über Erbscheine und Testamentsvollstreckerzeugnisse aus, da diese nur so erteilt werden können, wie sie bei dem zuständigen Gericht beantragt wurden.
Um sorgfältig und kompetent aufzuklären, welches Recht und welche Besonderheiten bei der Abwicklung eines Erbfalls zu beachten sind, stehen wir bei SNP Canada Ltd. Ihnen mit unserer zwanzigjährigen Erfahrung mit grenzüberschreitenden Erbfällen zur Verfügung.