Viele Kanadier mit deutschen Wurzeln oder Deutsche mit Wohnsitz in Kanada erleben es irgendwann: Ein Familienmitglied in Deutschland verstirbt – und plötzlich taucht ein Erbe auf. Ob es sich um ein Bankkonto, eine Eigentumswohnung oder Beteiligungen an einem Unternehmen handelt – mit dem Erbfall stellen sich auch steuerliche Fragen.
Denn auch wenn Kanada selbst keine Erbschaftsteuer nach deutschem Verständnis erhebt, kann in Deutschland eine Pflicht zur Zahlung von Erbschaftssteuer bestehen – auch für Erben mit Wohnsitz im Ausland.
- Steuerpflicht trotz Wohnsitz in Kanada: Wann wird deutsche Erbschaftsteuer fällig?
Die deutsche Erbschaftssteuer ist im Erbschaftssteuergesetz (ErbStG) geregelt. Die deutsche Erbschaftssteuer gilt unbeschränkt, daher für den gesamten weltweiten Vermögensanfall durch das Erbe, wenn z.B.
- der Erblasser oder der Erbe zum Zeitpunkt des Todes in Deutschland ansässig war, oder
- der Erbe deutscher Staatsangehöriger ist und innerhalb der letzten 5 Jahre vor dem Erbfall in Deutschland gelebt hat.
In Fällen, in denen keine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland besteht, kommt dennoch die sogenannte beschränkte Steuerpflicht in Deutschland in Betracht. Dies kann also der Fall sein, wenn weder der Erblasser noch der Erbe in Deutschland wohnen. Diese beschränkte Steuerpflicht ist gegeben, wenn bestimmtes Vermögen in Deutschland besteht (sogenanntes Inlandsvermögen). Darunter fallen z.B. Immobilienbesitz in Deutschland und dazugehörige Rechte, Unternehmensbeteiligungen in Deutschland, land- und fortwirtschaftliches Vermögen in Deutschland. Liegt solches Inlandsvermögen vor, beschränkt sich die Besteuerung auf dieses Vermögen in Deutschland.
Geld auf Bankkonten in Deutschland oder Wertgegenstände wie Schmuck fallen nicht unter das Inlandsvermögen und sind nicht der beschränkten Steuerpflicht unterworfen.
- Was wird besteuert – und wie wird der Wert des Erbes bestimmt?
Die deutsche Erbschaftsteuer bemisst sich nach dem Wert des Vermögens, das im Zeitpunkt des Erbfalls auf den Erben übergeht. Dabei können besondere Bewertungsregeln gelten, die sich vom Marktwert oder von kanadischen Bewertungsmaßstäben deutlich unterscheiden können. Für die Ermittlung des Wertes des Vermögens gibt es ein eigenes Gesetz, das Bewertungsgesetz (BewG). In vielen Fällen liegt der so ermittelte steuerliche Wert unter dem tatsächlichen Marktwert, was die Steuerlast für Erben reduzieren kann. Ein von den Behörden festgestellter Wert kann unter Umständen angegriffen werden – etwa durch ein Privatgutachten, wenn die tatsächlichen Gegebenheiten abweichen.
- Wie hoch ist die Steuer – und welche Freibeträge gelten?
Die deutsche Erbschaftsteuer ist progressiv ausgestaltet: Je höher der Wert des steuerpflichtigen Erwerbs, desto höher ist auch der Steuersatz (7 % – 50 %). Zusätzlich gilt in Deutschland eine Besonderheit: Die Höhe der Steuer hängt auch davon ab, wie eng das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erblasser und Erbe ist. Deshalb zahlen die Kinder eines Erblassers in der Regel einen geringeren Steuersatz als die Nichte zahlen müsste.
Weiterhin können Freibeträge in einer bestimmten Höhe bestehen. Die Höhe des Freibetrags richtet sich wiederum nach dem Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser und danach, ob es sich um einen Erbfall mit unbeschränkter oder beschränkter Steuerpflicht handelt.
- Wie und wann muss ich die Erbschaftsteuer in Deutschland erklären und zahlen?
Auch wer in Kanada lebt, ist zur Mitwirkung verpflichtet, wenn eine deutsche Steuerpflicht entsteht. In Kanada lebende Erben sollten wissen, welche Fristen und Pflichten gegenüber dem deutschen Finanzamt bestehen – und welche Fehler sie besser vermeiden.
Zunächst muss der Erbe den Erwerb von Todes wegen innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis vom Erbfall dem zuständigen deutschen Finanzamt schriftlich anzeigen. Hierfür stellen die Finanzverwaltungen der Bundesländer jeweils Formulare zur Verfügung. Es genügt nicht, auf die Mitteilung einer deutschen Behörde zum Erbfall zu warten. Die Anzeige ist eine eigenständige Pflicht des Erben. Welches Finanzamt zuständig ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Wenn der Erblasser in Deutschland gewohnt hat, ist meistens das Finanzamt am Wohnsitz des Erblassers zuständig. Haben sowohl der Erblasser als auch der Erbe keinen Wohnsitz in Deutschland, ist regelmäßig das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich (der wertvollste Teil) des Vermögens des Erblassers befindet.
Nach Eingang der Mitteilung stellt das Finanzamt Rückfragen oder entscheidet direkt, ob eine Erbschaftsteuererklärung verlangt wird. Für in Kanada lebende Erben ist es häufig einfacher, dies über einen deutschen Steuerberater oder Anwalt abzuwickeln. In der Steuererklärung werden dann alle steuerpflichtigen Vermögenswerte, Freibeträge und ggf. Verbindlichkeiten aufgeführt.
Wenn das Finanzamt die Erklärung geprüft hat, ergeht ein Erbschaftsteuerbescheid, in dem das Finanzamt die maßgebliche Berechnungsgrundlage und die Höhe der zu zahlenden Erbschaftssteuer festsetzt. Die Erbschaftssteuer ist normalerweise binnen eines Monats zu zahlen.
Vergisst der Erbe die Mitteilung an das Finanzamt oder gibt er diese zu spät ab, kann es zu einer nachteiligen Schätzung des Finanzamts, einem Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung und erheblicher Zinsbelastung kommen. Erben sollten die Erbschaft daher frühzeitig prüfen lassen, auch wenn sie nicht sicher sind, ob überhaupt eine Steuerpflicht besteht. Im Zweifel ist eine vorsorgliche Anzeige beim Finanzamt die bessere Wahl.
- Steueroptimierung durch rechtzeitige Beratung
Wer bereits rechtzeitig vor dem Tod des Erblassers die Nachfolge plant, kann durch eine gezielte Beratung teils erheblich von Freibeträgen profitieren und die spätere Steuerlast bei der Erbschaft reduzieren.
- Fazit
Bei familiären oder wirtschaftlichen Verbindungen nach Deutschland ist das deutsche Erbschaftsteuerrecht ein oft unterschätzter Aspekt. Auch wenn Kanada selbst keine Erbschaftsteuer erhebt, kann ein Erbfall mit deutschem Bezug unerwartete Steuerpflichten nach sich ziehen – vor allem bei Immobilien oder größeren Vermögenswerten in Deutschland.
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