Ein Testament – viele haben eins, andere haben keins. Und dann gibt es wiederum Fälle, bei denen ein Verstorbener gleich mehrere Testamente hinterlässt. Letzteres muss aber nicht zwangsläufig zu Problemen führen. Denn grundsätzlich ist es möglich, dass jemand mehrere Testamente aufsetzt, die, falls sie formwirksam sind, dann nebeneinander existieren.

Ein kurzes Beispiel: Eine Mutter setzt in einem Testament ihre Tochter als Alleinerbin ein. Später ordnet sie jedoch in einem weiteren Testament ein Vermächtnis (z.B. einen Oldtimer) zugunsten ihres Sohnes an, welcher im Falle ihres Todes einen Betrag X bekommen soll. Beide Testamente gelten.

Denkbar ist zum Beispiel auch, dass ein Erblasser mehrere Testamente mit gleichem Inhalt verfasst und diese an unterschiedlichen Orten hinterlegt – um so auf Nummer sicher zu gehen, dass die Hinterbliebenen eines dieser Testamente dann auch tatsächlich finden. Existieren daher mehrere formwirksame Testamente, dann gilt grundsätzlich das zuletzt datierte Testament.

Gibt es also zum Beispiel ein Testament vom 17. Mai 2010 und eines vom 11. Dezember 2014, dann ist das Testament vom Dezember 2014 rechtsgültig. Formwirksam ist ein Testament übrigens erst dann, wenn es der Testator eigenhändig verfasst und auch unterschrieben hat!

Selbst wenn das Testament vom Mai 2010 notariell beurkundet wurde und das Testament vom Dezember 2014 lediglich handschriftlich vom Testator verfasst ist, ist immer das zuletzt datierte Testament gültig.

So weit, so gut. Aber mitunter kann die Existenz von mehreren Testamenten für massiven Streit unter den Erben sorgen. Vor allem, wenn es in dem einen Testament heißt: „Meine Tochter ist Alleinerbin“ – und in einem weiteren Testament steht: „Mein Sohn ist Alleinerbe“. Sind dann zudem noch beide Testamente ohne ein Datum versehen, stehen die Hinterbliebenen vor einem schwer lösbaren Rätsel: Wer ist denn nun Alleinerbe?

Solche Fälle landen dann zumeist vor Gericht, denn dann muss ein Richter darüber entscheiden. Er kann die Testamente etwa daraufhin prüfen, ob es zum Beispiel einen Adressen-Unterschied gibt. Ein Beispiel: Ein Testator lebte in Hamburg. Dort setzte er ein Testament auf, in dem auch seine Hamburger Anschrift vermerkt ist, und machte darin die Tochter zur Alleinerbin. Das Testament trägt kein Datum.

Später zog der Testator nach München. Dort setzte er in einem weiteren undatierten Testament, in dem seine Münchner Adresse notiert ist, seinen Sohn zum Alleinerben ein. München war die letzte Wohnadresse des Testators vor seinem Tod. Also ist das Münchener Testament gültig und der Sohn Alleinerbe.

Um herauszufinden, welches der undatierten und sich widersprechenden Testamente nun das jüngste und damit das nun gültige ist, kann der Richter auch Zeugen befragen. Auch eine Möglichkeit ist, dass der Richter das verwendete Papier von Gutachtern daraufhin überprüfen lässt, wann es jeweils im Umlauf war.

Sollten die Testamente zum Beispiel mit Tinte verfasst und/oder unterschrieben worden sein, können Gutachter die Tinte in einem chemischen Verfahren daraufhin analysieren, wann diese im Handel erhältlich war. Ähnlich geht ein Gericht auch dann vor, wenn es ein datiertes und ein undatiertes Testament gibt und der Richter ausloten muss, welche der Urkunden das frühere und welche das zeitlich spätere Testament darstellt.

Auch eine Möglichkeit ist, bei undatierten und sich widersprechenden Testamenten können die Hinterbliebenen zunächst einen Rechtsanwalt für Erbrecht einschalten. Mit seiner Hilfe machen sie einen Auslegungsvergleich und einigen sich also untereinander, wie sie mit dem Erbe umgehen wollen.

Können sich Hinterbliebene nicht auf einen Auslegungsvergleich einigen, muss das Gericht das Testament auslegen – eine der schwierigsten Aufgaben eines Richters, da dieser schließlich den Verstorbenen zumeist nicht gekannt hat und folglich auch nicht seinen letzten Willen kennt. Erblasser können einen solchen Aufwand aber verhindern, indem sie sich im Testament klar und unmissverständlich auszudrücken.

Damit Klarheit herrscht, sollte im zeitlich späteren zum ersten Testament erwähnt werden, was mit früheren letztwilligen Verfügungen geschehen soll – zum Beispiel, ob das zeitlich spätere Testament eine Ergänzung zum ersten Testament sein soll. Oder ob das spätere die erste Verfügung ersetzen soll.

Ersetzt das spätere das erste Testament, ist es ratsam, der neuen Urkunde einen klärenden Satz voranzustellen, der in etwa lauten kann: Hiermit hebe ich alle bisher von mir verfassten Testamente in vollem Umfang auf. Das geht aber nur, wenn der Erblasser nicht an ein gemeinschaftliches Testament oder an einen Erbvertrag gebunden ist.

Verfasst ein Erblasser ein neues Testament, dann sollte er ein existierendes Testament zwingend vernichten. Wird das Testament beim Nachlassgericht aufbewahrt, dann sollte man das alte zurückholen und am besten sofort vernichten. Das neue Testament bewahrt dann im Idealfall ebenfalls das Nachlassgericht auf.